Der brave Soldat Schwejk erregt seit einhundert Jahren die Gemüter

Der brave Soldat Schwejk erregt seit einhundert Jahren die Gemüter

Ein Schelmenroman gegen die Wirren des Krieges

Der brave Soldat Schwejk erregt seit einhundert Jahren die Gemüter
Vor einhundert Jahren erschien der Roman des tschechischen Schriftstellers Jaroslav Hašek mit Josef Schwejk (tsch. Švejk) als Hauptfigur. Der Soldat der Donaumonarchie zeigt die Absurdität des Ersten Weltkrieges auf und nimmt die Militärmaschinerie aufs Korn. Sein Humor, die Politsatire und der Widerstand gegen den Bürokratismus faszinieren bis heute Leserinnen und Leser in Europa und Übersee.

EIN ENGAGIERTER BOHEMIEN

Der erste Teil der vierteiligen Romanreihe „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“ wurde 1921 veröffentlicht und schien zunächst kein Bestseller zu werden. Der eigenwillige Romanheld stieß bei den Lesern zunächst auf wenig Sympathie, da er sich kritisch nicht nur über Autoritäten, sondern auch über die Politik äußerte. Doch es dauerte nicht lange und der satirische Humor dieses literarischen Werkes gewann Fans auf der ganzen Welt. Der Buchautor wurde 1883 in Prag geboren. Er wechselte mehrmals den Beruf, um sich schließlich als Journalist für die tschechische Tagespresse und Wochenblätter einen Namen zu machen. Als Inspiration dienten ihm nicht nur das Alltagsleben in der Stadt, sondern auch die vielen selbst erlebten Eskapaden in Cafés und Wirtshäusern. Im Jahr 1911 gründete Jaroslav Hašek die Partei für gemäßigten Fortschritt in den Schranken der Gesetze als Parodie der damaligen Wahlverhältnisse und des öffentlichen sowie politischen Lebens, für die er sogar kandidierte.

DER INTELLIGENTE DUMMKOPF

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde auch Hašek eingezogen und musste an der Ostfront in Galizien dienen, wo er jedoch in Gefangenschaft geriet. In russischer Kriegsgefangenschaft schloss er sich den Tschechoslowakischen Legionen an und wandte sich der sozialistischen Ideologie zu. 1920 kehrte er nach Prag zu seinem Lebensstil eines Bohemien zurück und nahm die Arbeit an seinem Schwejk-Roman auf. Der erste Teil erschien 1921, wobei die weiteren Teile bis 1923 folgten. Leser und Literaturexperten rätseln bis heute, wie die Hauptfigur am besten zu charakterisieren sei. Während in ihm die einen den Dummkopf sehen, behaupten die anderen, er würde seine Dummheit nur vortäuschen. Da Schwejk in jeder Situation den Überblick behält, hat sich der Begriff „schwejken“ (tsch. švejkovat) eingebürgert – dabei täuscht man vor, Befehle nicht zu verstehen, um sie nicht ausführen zu müssen.

KRIEGSSATIRE

Der berühmte Roman wurde in 58 Sprachen übersetzt, verfilmt sowie für das Theater und Fernsehen adaptiert. Jede Lesergruppe nimmt die Romanfigur aus einer anderen Perspektive wahr. „Hašeks Roman ist das berühmteste und meistpublizierte tschechische literarische Werk. Zum ersten Mal erschien der Roman in den 60er Jahren und konnte außer mit seinem Humor auch mit dem Schauplatz des Ersten Weltkrieges überzeugen, in den Spanien ja nicht verwickelt war. Leser und Leserinnen der älteren Generation nehmen zusätzlich die historischen Parallelen wahr. Der Soldat Schwejk nimmt den Militarismus aufs Korn, ähnlich wie die Spanier, die diese Reaktion mit dem Franco-Regime verknüpfen“, sagt Stanislav Škoda, Leiter des Tschechischen Zentrums in Madrid.

ANDERE PERSPEKTIVEN

Ganz anders wurde Hašeks Roman in Deutschland aufgenommen, wo 1926 die erste Übersetzung erschien. Die Autorin war damals Grete Reiner-Straschnow-Stein. Die in Prag lebende Übersetzerin kannte sehr gut das Milieu, in welchem sich der Autor bewegte. „Grete Stein schuf eine spezifische Sprache, die aus Schwejk jedoch leider eine viel lächerlichere Figur macht, als er im tschechischen Original ist. Erst 2014 kam die neue Übersetzung von Antonín Brousek heraus, die deutschsprachigen Lesern den „wahren“ Schwejk präsentieren konnte“, erklärt Frances Jackson, Dramaturgin des Tschechischen Zentrums in München und Autorin des Online-Diskussionsforums Zima se Švejkem.

WIDERSETZEN GEGEN BEFEHLSGEWALT

Der tschechische Soldat hat Fans sogar in Fernost, wie beispielsweise in Japan, wo der Roman im Jahr 1930 zum ersten Mal erschienen war. „Leser in Japan sahen darin primär einen humorvollen Antikriegsroman, der auf der deutschen Übersetzung basierte. Schwejk wird als gutmütiger Mensch gesehen, der sich mit seinem Humor Autoritäten stellt. Und übrigens: im Zweiten Weltkrieg war die Veröffentlichung von Hašeks Roman verboten, genauso wie sonstiger fremdsprachiger Literatur. Der Schwerpunkt lag rein auf der japanischen Kultur“, sagt der Japanologe Petr Holý und ergänzt, dass die Geschichte des gewöhnlichen tschechischen Soldaten im Literaturbereich deshalb auf so vielen Ebenen räsoniert, weil darin der Absurdität der Kriegsführung ein universeller Spiegel vorgehalten wird.
Eine interessante Rolle kam Schwejk in Korea zu. Die Übersetzung von Hašeks Roman „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“ war 1983 die erste Übersetzung eines tschechischen Literaturwerkes ins Koreanische. Der Übersetzer, Kang Hung-Ju, Professor für russische Literatur an der Koreanischen Universität für Auslandsstudien in Soul, bediente sich dabei sowohl des tschechischen Originals als auch der deutschen Übersetzung.