Weihnachtskrippen, Aberglaube und Karpfen – tschechische Weihnachtsbräuche

Weihnachtskrippen, Aberglaube und Karpfen – tschechische Weihnachtsbräuche

Was wird in Tschechien gesungen, gegessen, was für einen Weihnachtsschmuck verwendet man und wohin geht man zu Weihnachten?

Weihnachtskrippen, Aberglaube und Karpfen – tschechische Weihnachtsbräuche
Als Weihnachtsessen wird in Tschechien Karpfen serviert, seine Schuppen werden in Portemonnaies gelegt, Mädchen werfen mit Schuhen und überhaupt werden so manche komischen Dinge getrieben. Während der Adventszeit hat aber alles eine bestimmte Bedeutung. Im Folgenden erfahren Sie einiges über die tschechischen Weihnachtsbräuche.

Karpfen zum Abendessen, in der Badewanne und im Portemonnaie

Traditionelles Weihnachtsgericht in Tschechien ist Karpfen mit Kartoffelsalat. Auf die Weihnachstafel gelangte er erst im 19. Jahrhundert, seitdem aber ist Weinachten hierzulande ohne ihn unvorstellbar. Eine feste Tradition ist zum Beispiel Karpfen blau. Während der Adventszeit wird der Fisch direkt in den Zentren der tschechischen Städte verkauft; wundern Sie sich daher nicht, wenn Sie bei Ihrem Spaziergang durch Prag auf Bottiche voller Karpfen stoßen. Diese kommen hauptsächlich aus den bedeutenden teichwirtschaftlichen Gegenden wie etwa aus der bekannten Region des südböhmischen Třeboň.

Der Karpfen wird beim Weihnachtsfest restlos verarbeitet, nicht einmal eine Schuppe bleibt ungenutzt. Ein alter Brauch will es, dass eine oder zwei Schuppen ins Portemonnaie gelegt werden, damit seinem Inhaber das ganze Jahr lang nicht das Geld ausgeht. Es gibt Familien, die zu Weihnachten zwar keinen Karpfen essen, aber trotzdem einen kaufen. Der Fisch schwimmt bei ihnen in der Badewanne und danach bringen ihn die Kinder zusammen mit ihren Eltern zurück zum Teich und lassen ihn frei.
Bevor man früher in Tschechien begann, zu Weihnachten Karpfen zu essen, wurde „Kuba“ aufgetischt. Dieses altböhmische Weihnachtsgericht aus Pilzen und Graupen mit Knoblauch und Majoran findet heute seinen Weg zurück auf die Weihnachtstafel.

Weihnachtskrippen

Eine wichtige Rolle spielen im tschechischen Weihnachten auch die Krippenszenerien. Man nennt sie Betlémy (Bethlehems). So leben etwa in der Stadt Třešť in der Vysočina, dem böhmisch-mährischen Hochland,  einige Familien, die sich seit über zweihundert Jahren dieser Tradition widmen. Eine dortige Besonderheit ist das Weihnachtskrippen-Museum, welches das ganze Jahr über geöffnet ist. Zu Weihnachten öffnen jedoch alle Familien in Třešť, die sich mit dem Bau verschiedenster Krippenszenerien beschäftigen, ihre Häuser interessierten Besuchern.

Eine einzigartige Besonderheit stellt die Krippenszenerie in Třebechovice pod Orebem in Ostböhmen dar. Es ist die einzige Krippenszenerie, die zum Nationalen Kulturdenkmal erklärt wurde. Sie wurde vor mehr als hundert Jahren geschaffen, besteht aus mehr als 2000 geschnitzten Teilen, und ein spezieller Mechanismus setzt sie in Bewegung. Ihr Schöpfer Jan Probošt, begann mit dem Bau der Krippe gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als er sich das nicht gerade bescheidene Ziel setzte, die schönste Weihnachtskrippe weltweit zu bauen, die auch Seine Kaiserliche Majestät zu Wien bewundern würde. Auch Sie können sie bewundern – im Krippenmuseum in Třebechovice.

Eines der Symbole der tschechischen Weihnacht ist auch das Prager Jesuskind in der Kirche Maria vom Siege auf der Prager Kleinseite. Bei bedeutenden Anlässen ist es festlich gekleidet: Es trägt ein königliches Gewand mit einem Hermelinmantel. Sonst wird sein Gewand je nach Jahreszeit gewechselt und ein neues Kleid bekommt es auch jeweils zu Weihnachten. Die Kirche wird jedes Jahr zum Ziel von Tausenden von Pilgern, die das Prager Jesuskind sehen wollen, darunter viele bekannte Persönlichkeiten wie zum Beispiel der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry, den dieser Besuch angeblich zum Schreiben des Romans „Der kleine Prinz“ inspiriert hat. Der heute berühmte brasilianische Autor Paulo Coelho bat beim Jesuskind um Ruhm und Erfolg. Bis heute erinnert er sich mit Freude an das Jesuskind. Besuchen Sie es auch, vielleicht bekommen Sie von ihm zu Weihnachten auch inspirierende Ideen.

Böhmische Weihnachtsmessen

Zu den Traditionen am Heiligen Abend gehört auch Besuch einer Mitternachtsmesse und die volkstümliche Böhmische Weihnachtsmesse des Komponisten Jakub Jan Ryba. Dieses liturgische Musikstück erzählt von der Verkündung der Geburt Christi und den Hirten, die sich zu der Krippe begaben. Die Messe spielt sich in tschechischer Umgebung ab und erfreut sich im Lande großer Beliebtheit.

Eine Mitternachtsmesse wird laut Tradition am Heiligen Abend zum Beispiel im St.Veits-Dom auf der Prager Burg abgehalten. Die Böhmische Weihnachtsmesse von J. J. Ryba können Sie sich hingegen im Spiegelsaal des imposanten Gebäudes des Prager Klementinums anhören, wo auch die Nationalbibliothek untergebracht ist.

Das Prager Loreto

Nach jahrelanger Rekonstruktion wurde auch das berühmte Prager Loreto wieder eröffnet. Dieser einzigartige Komplex von Barockbauten auf dem Loreto-Platz in der Nähe der Prager Burg ist durch sein Glockenspiel, die Marien-Kapelle, das Kapuzinerkloster und die Veranstaltung klassischer Adventskonzerte bekannt.

Fast hätten wir in unserer Auflistung der Weihnachtsbräuche das Wichtigste vergessen – wie man den Weihnachtsbaum schmückt. In diesem Zusammenhang müssen wir auch die Freilichtmuseen erwähnen. So können Sie sich etwa in Rožnov pod Radhoštěm von handgefertigtem Weihnachtsschmuck inspirieren lassen. Volkstümliches Brauchtum und unter anderen auch das Backen von verlockend duftenden Weihnachtszöpfen werden auch im Freilichtmuseum in Zubrnice gezeigt.

Schuhwerfen und goldenes Schweinchen

Seit jeher wollten die Tschechen (wie wohl alle anderen auch) ihre Zukunft erfahren. Auch zu Weihnachten fragten sie danach. Zum Beispiel sollten die Mädchen, so der Aberglaube, an den Feiertagen einen Schuh hinter sich werfen. Zeigte der Schuh nach der Landung mit der Spitze in Richtung der Tür, so stand dem Mädchen im folgenden Jahr die Heirat bevor. Zeigte die Spitze aber in das Innere des Zimmers, blieb es noch mindestens ein Jahr zu Hause. Frauen sollen außerdem unter der Weihnachtsmistel geküsst werden, was ihnen Liebe für das ganze kommende Jahr garantiert. Passen Sie jedoch auf, die Mistel (ebenso wie die Liebe) können Sie nicht kaufen, sie muss Ihnen geschenkt werden!

Eine andere Adventstradition soll die Neugier hinsichtlich der Fragen nach der Gesundheit befriedigen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass Sie zu Weihnachten zum Arzt gehen müssen. Es genügt, wenn Sie nach dem Abendessen am Heiligen Abend einen Apfel zerschneiden: Falls die Kerne im Inneren einen fünfzackigen Stern bilden, werden alle am Tisch gesund bleiben. Wenn es weniger Samen sind, wird jemand von einer Krankheit heimgesucht. Einem anderen Brauch zufolge soll eine Kerze in einer Walnussschale befestigt werden und diese dann wie ein Boot zu Wasser gelassen werden, beispielsweise im Waschbecken. Schafft es die Schale, vom Rand loszukommen, wird sich ihr Besitzer im folgenden Jahr in die Welt begeben.

Ein weiterer tschechischer Weihnachtsbrauch scheint ein bisschen seltsam und nicht besonders angenehm. Ihm zufolge soll man nämlich am 24. Dezember den ganzen Tag fasten. Falls man es aushält, wird man ein goldenes Schweinchen erblicken - ein gutes Zeichen. Allerdings ist das angesichts all der leckeren Weihnachtsplätzchen eine kaum erfüllbare Aufgabe.