Puppenspiel

Tschechische Marionetten im Laufe der Geschichte

Das Puppenspiel ist in der Tschechischen Republik ein bedeutendes kulturelles und gesellschaftliches Phänomen, dessen landesweite Verbreitung in die Mitte des 19. Jahrhunderts datiert wird. In einigen Regionen der heutigen Tschechischen Republik kam das Puppenspiel jedoch schon einige Jahrhunderte früher auf.
 
Die Marionettenspieler, die von Stadt zu Stadt reisten, spielten auf Tschechisch und trugen dazu bei, in den ärmeren Bevölkerungsschichten das Niveau der tschechischen Sprache zu heben. Schrittweise entstand die Tradition von Puppenspieler-Familien, in denen das Betreiben des Puppentheaters als Handwerk weitervererbt wurde. Die Marionetten schnitzten sich die Puppenspieler selbst und ließen sich dabei formtechnisch von
barocken Figuren inspirieren. Der Marionettenspieler bewegte die Puppen selbst und übernahm auch alle Stimmen. Dadurch entstand ein einmaliger Aufführungsstil, bei dem die eher schwerfälligen Bewegungen der mit Drähten befestigten Puppen von der stilisierten Stimmbegleitung ausgeglichen wurden. Die traditionelle komische Figur tschechischer Puppenspieler ist der Kasper (Kašpárek), weiter gibt es immer einen Teufel, König und eine Prinzessin. Die Aufführungen entsprachen vom Inhalt her den damaligen Volkstraditionen, heutzutage ist das Puppentheater eigentlich fast nur noch auf das Kinderpublikum ausgerichtet.
 
Die tschechische Puppenspiel-Tradition besteht heute auf zwei Schaffensebenen weiter - dem Volks- oder auch Laien-Puppenspiel und dem professionellen Puppenspiel, das in Theatern und auf unabhängigen Bühnen aufgeführt wird. Die Tradition des Puppenspiels hielt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch im Fernsehen Einzug und wurde im Rahmen von kurzen TV-Märchen für Kinder umgesetzt. Märchen mit Marionetten zählen bei den jüngsten Zuschauern nach wie vor zu den beliebtesten.
 

Lernen Sie die Marionetten aus nächster Nähe kennen

Besuchen Sie eines der Marionetten-Museen oder eine der angebotenen Puppentheatervorstellungen.
 
Die Vorstellungen sind meist für Kinder konzipiert und werden auf Tschechisch ohne Übersetzung aufgeführt. Puppentheater finden Sie zum Beispiel in Prag oder in Mähren in der Stadt (Ostrau (Ostrava), die sogar über ein eigenständiges Theatergebäude verfügt, in dem nur Puppentheatervorstellungen aufgeführt werden.
 
Im Museum der Puppenspiel-Kulturen (Muzeum loutkářských kultur) in Chrudim in Ostböhmen werden historische und moderne, tschechische sowie ausländische Marionetten vorgestellt, wobei Sie im Spielbereich auch selbst ausprobieren können, wie Puppentheater gespielt wird. In der Ausstellung gibt es Marionetten von Wanderpuppenspielern, Varieté-Marionetten, familiär geführte Puppentheater und Theaterdekorationen tschechischer Künstler zu sehen. Im internationalen Ausstellungsbereich werden Schattentheater-Figuren aus Indonesien, eine Auswahl an Marionetten aus Indien, Japan, China oder Myanmar sowie eine vietnamesische Wasserpuppentheater-Marionette vorgestellt.
 
Einen Blick in die Welt des Puppenspiels können Sie auch in der südböhmischen Stadt Prachatitz (Prachatice) werfen. Der erste Teil der Ausstellung ist der Geschichte der tschechischen Marionette von den ältesten Puppenspielern über familiär geführte sowie Laien-Ensembles bis zu professionellen Theaterhäusern gewidmet. Außer den bekannten Figuren, der Teufel und Kasper, sehen Sie hier auch Marionetten, die nach den Vorlagen berühmter tschechischer Künstler angefertigt wurden. Die Sammlungen sind im Besitz des Nationalmuseums in Prag.
 
Die Puppenspiel-Tradition wird in Tschechien im Rahmen mehrerer Festivals zu neuem Leben erweckt. Das Festival Die Puppenspiel-Stadt Chrudim (Loutkářská Chrudim) wird seit 1951 veranstaltet und ist das älteste Event seiner Art in Europa. Von den weiteren Festivals wären zum Beispiel das Internationale Festival der Puppenspiel-Kunst (Mezinárodní festival loutkářského umění) in Prag oder das Internationale Festival Spectaculo Interesse (Mezinárodní festival Spectaculo Interesse) in Ostrau (Ostrava) zu nennen.